St. Urbanus für...

6. Sonntag der Osterzeit – 17.05.2020

Impuls zum Sechsten Sonntag der Osterzeit von Propst Markus Pottbäcker

Evangelium

(Joh 14,15-21)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.

Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet.

An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

 

Impuls

Liebe Schwestern und Brüder,

bei Johannes ist es manchmal kompliziert. Als zeitlich letzter Verfasser eines Evangeliums kommt es bei ihm nicht so sehr mehr darauf an, eine genaue historische Beschreibung des Lebens und Auftretens Jesu festzuhalten, sondern eine erste, theologisch reflektierte Form der Botschaft Jesu darzubieten.

Wenn man das Johannesevangelium in die letzten Jahre des ersten Jahrhunderts datiert, ist das nicht nur bereits Jahrzehnte nach Leben, Tod und Auferstehung Jesu, sondern nun auch schon Jahrzehnte nach den ersten Gemeindebildungen der jungen Christenheit in bereits vielen, unterschiedlichen Gegenden der Welt.

Anders als bei Markus, Lukas und Matthäus finden wir bei Johannes den Satz: „Wie es in der Schrift heißt …“ nicht mehr. Die drei ersten Evangelisten haben in erster Linie noch Menschen im Blick gehabt, die hauptsächlich aus dem Judentum stammten und daher in Jesus den im Alten Bund verheißenen Messias erkennen sollten. Diese kannten natürlich die Heilige Schrift dessen, was wir heute Altes Testament nennen und daher nahmen sie selbstverständlich auch darauf Bezug.

Bei Johannes ist der Kreis der Adressaten deutlich erweitert, nicht nur über das Judentum hinaus, auch kulturell finden sich christlichen Gemeinden mittlerweile – wenn auch in geringer Anzahl – aber doch in vielen Teilen des römischen Reiches und der unterschiedlichen Kulturen.

Diese junge Christenheit hat nun aber auch schon erste Erschütterungen erlebt, wie die Verfolgungen unter den Kaisern Claudius, Nero und Domitian. Es galt, diesen Gemeinden Mut zuzusprechen, dass sie unter dem Eindruck von Tod und Gefahren nicht die Hoffnung aufgeben.

Denn die Frage stellte sich: Wo ist denn dieser Gott, der in Jesus Christus Mensch wurde, starb und von den Toten auferstand? Oder noch zugespitzter gefragt, wo hilft denn dieser Glaube ganz konkret?

Johannes bedient sich einer Sprache, die der griechischen Philosophie ähnlich ist. Mithilfe dieser Sprache und Denkart versucht er, komplizierte und komplexe Aussagen des Glaubens zu verdeutlichen!

Jesus Christus ist gestorben, aber auch vom Tode auferstanden; er lebt also und dennoch ist er nicht mehr da, weil er in den Himmel zurückgekehrt ist. Wie bleibt die Verbindung mit ihm aber dennoch lebendig und echt?

Johannes beschreibt es in der Formel: „Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir, und ich bin in euch!“ (Joh 14, 20). Das ist nicht ganz leicht und braucht sicher Zeit.

Aber vielleicht lohnt es, sich hier der östlichen Tradition des sogenannten Mantra zu bedienen. Durch das häufige Wiederholen einer bestimmten Aussage kommt es zur Ruhe und Entspannung. Der eigene, innere Geist öffnet sich für das was da immer wieder bedacht und rezitiert wird. So an das heutige Johannesevangelium heranzugehen ist sicher eine lohnenswerte Methode, sich den Inhalt der johanneischen Formeln vertraut und letztlich zu eigen zu machen. „Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir, und ich bin in euch!“ Das Wissen darum, dass Gott in mir ist und ich in ihm, ist sicher sehr groß – aber wunderbar!

Propst Markus Pottbäcker, Pfarrer

 

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