St. Urbanus für...

7. Sonntag der Osterzeit – 24.05.2020

Impuls zum Siebten Sonntag der Osterzeit von Gemeindeassistent Klemens Teichmann

Evangelium

(Joh 17,1-11a)

In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.

Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war!

Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. Sie haben jetzt erkannt,
dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist.

Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.

Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.

 

Impuls

Auch wenn es schon ein paar Jahre her ist, den Inhalt meines ersten Liebesbriefes kenne ich noch sehr genau… Ein Liebesbrief ist schon etwas sehr Persönliches. Ein gutgeschriebener Liebesbrief ist „aus einem Guss“ und geht unter die Haut.

Vergleichbar ist aus dem heutigen Evangelium das „Hohepriesterliche Gebet“ oder – wie es auch öfter heute genannt wird – „Abschiedsgebet des Herrn“ – sehr persönlich, nicht einfach „auseinanderzupflücken“.

Jesus schließt seine Abschiedsworte nicht mit einer Mahnung, sondern mit einem Gebet. Es ist ein sehr persönliches Gebet, eine Art Dialog, von Gedanken und Worten Jesu zum lebendigen Gott. Diese Sprachformeln, typisch johanneisch, sollen anregen mitzubeten oder nachzubeten.

Jesus betet dieses lange Gebet im Abendmahlssaal und es steht im Johannesevangelium vor der Leidensgeschichte.

Auch wenn das Johannesevangelium etwas für Fortgeschrittene ist, durch das Voraussetzen von Inhalten anderer Evangelisten, ist es dennoch durch seine einfache Sprache für alle gut zu verstehen.

Das mag auch daran liegen, dass das Gebet „angereichert“ ist mit sogenannten Schlüsselbegriffen: „Vater“, „verherrlichen“, „erkennen“, „geben“ und „Welt“. An dieser Stelle möchte ich nicht das Evangelium des Tages „auseinanderpflücken“, aber auf ein kleines Detail aufmerksam machen – welches auch in diesem Schrifttext gekonnt gesetzt wurde.

Bei einem Gespräch fragte ich meinen Gesprächspartner, was an einem Text das Wichtigste sei. Ich bekam die Antwort: „Der Punkt!“. Ich fragte etwas irritiert nochmals nach, bekam dieselbe Antwort.

Nach einer kleinen Denkpause erschloss sich mir die Antwort, dass das kluge Setzen des Satzzeichens „Punkt“ enorm wichtig ist. Dies gilt für einen Liebesbrief ebenso wie für die Evangelien allgemein und das Johannesevangelium am heutigen Sonntag.

Das „Hohepriesterliche Gebet“ des Evangeliums soll eine Einladung sein, im Gebet Begegnung mit Gott zu suchen. Mein Wunsch ist, dass alles Reden über Gott einmal einen Punkt haben und Reden mit Gott werden möge.

Vielleicht gehen solch ehrlich gemeinte Gebete dann wirklich unter die Haut, wie ein emotionaler Liebesbrief.

Klemens Teichmann, Gemeindeassistent

 

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