St. Urbanus für...

Sonntagsimpuls – 4. Advent | 20.12.2020

Impuls zum 4. Advent von Martin Verfürth.

Schrifttexte

Impuls

 

Eigentlich war es nicht vorgesehen, dass Sie nach drei Wochen schon wieder einen Sonntagsimpuls von mir lesen. Ich kam dazu, wie eine Redensart sagt, wie die „Jungfrau zum Kinde“. Vor wenigen Tagen erreichte mich die Anfrage, ob ich spontan für jemanden einspringen könnte, der es gerade zeitlich nicht schaffte.

Einen kurzen Moment lang fielen mir Argumente ein, warum ich es nicht mache: Ich hatte doch gerade erst einen Beitrag gemacht und wir wollen ja ein bisschen Abwechslung bei den Autoren haben. Ich habe zudem auch noch einige andere Dinge zu erledigen. Außerdem ist das ja jetzt sehr kurzfristig.

Ich will ehrlich sein: Freiwillig hätte ich mich auch nicht für diesen Sonntag und diesen Text entschieden. Zu ausgelutscht erscheint er mir. Gefühlt kommt er aufgrund der Marienfeste mindestens viermal im Kirchenjahr vor und es ist alles dazu gesagt. Dann diese Sprache, für Lukas so ungewohnt kompliziert, so unverständlich und verdruckst übersetzt: „… da ich doch keinen Mann erkenne“. Da ist das ohnehin schwierige Thema mit der Jungfrauengeburt. Und schließlich diese zahllosen Bilder im Kopf: Der in der Kunst meist männlich dargestellte Gott lässt einen männlich dargestellten Engel seine eigentlich überfordernde Botschaft bringen und die junge Frau, die sich selbst auch noch als Magd bezeichnet, senkt demütig den Kopf und sagt zu allem Ja und Amen. Nein, tut mir leid, das ist auf den ersten Blick wirklich nicht mein Text.

Doch dann kam mir ein doppelter Geistesblitz. Der erste war das Wortspiel vom Anfang:  Die „Jungfrau, die zum Kinde“ kommt. Also ein plötzliches, ein unerwartetes Ereignis, das einiges durcheinander bringt.

Zugleich fiel mir eine Kunstinstallation ein, die ich vor zwei Jahren in der St.-Magdalena-Kirche in Brügge sah. Die Kirche ist als Gottesdienstort geschlossen und wird heute für christliche Kunstausstellungen genutzt. Hier hängt in einer kleinen Seitenkapelle eine Marien-Ikone der „Immerwährenden Hilfe“, die in vielen Kirchen zu sehen ist. Maria als Mutter, die hier weder unterwürfig noch als kitschig-herrschaftliche Himmelskönigin dargestellt wird. Über ihr zwei Engel, die schon auf den Tod Jesu verweisen. Maria hält Jesus liebevoll im Arm, aber sie schaut nicht auf ihn, sondern wie fragend auf den Betrachter.

An der Wand gegenüber hatte ein Künstler auf einer schlichten Spanholzplatte mit grünen Leuchtstoffröhren das Wort YES installiert. Dieses JA und die Ikonen-Darstellung verweisen eigentlich auf zwei unterschiedliche Texte des Lukas-Evangeliums.

Wenn wir auf das heutige Evangelium schauen, lässt sich herauslesen: Maria zeigt anfangs auch Irritation und Skepsis. Mir scheint aber wichtig, was dann passiert: Der Engel geht auf diese Skepsis ein. Er beantwortet Marias Fragen und gibt ihr Zuspruch und Ermutigung. So kann Maria JA sagen. Und dieses JA, darauf verweist die Kunstinstallation, wird für uns Menschen Voraussetzung zu einer „immerwährenden Hilfe“.

Zwei Gedanken für die kommende Zeit: Wo kann unser klares JA (oder manchmal auch ein NEIN) für andere eine Hilfe sein? Und wo können wir der Engel sein, der jemandem durch Antworten und Ermutigung zu einer Entscheidung verhilft?

Martin Verfürth