St. Urbanus für...

Sonntagsimpuls – 5. Sonntag im Jahreskreis | 07.02.2021

Impuls zum 5. Sonntag im Jahreskreis von Diakon Axel Büttner.

Schrifttexte 5. Sonntag im Jahreskreis - B -

Impuls

Angekündet war es als spannendes Konzert. Es trieb mich ins Musiktheater und ich war neugierig, was dort wohl Tolles passiert. Die Presse überschlug sich mit Lobpreisungen auf das gelungene Konzert. Vorgetragen wurde ein Stück von John Cage mit dem Titel 4’33.
Erwartungsvoll und gespannt saßen wir dort und schauten auf die Bühne. Da stand nur ein Flügel.
Dann kam der Pianist hinein. Er verbeugte sich, er setzte sich. Es war ganz still im Publikum.

Dann stellte der Pianist eine Uhr auf den Flügel, eine Stoppuhr, und er startete sie – und es passierte nichts! Nach einer Weile klappte er den Flügel zu. Weitere zwei Minuten passierte wieder nichts. Dann hob er einmal die Hände hoch und nahm sie wieder runter. Nichts weiter bis etwa zur vierten Minute. Dann klappte er den Flügel wieder auf und stellte die Uhr gerade. Nach einer weiteren halben Minute stellte er die Stoppuhr aus, stand auf, drehte sich zu uns herum und verbeugte sich.

Vier Minuten 33 Stille in einem Musiktheater.

Ich muss zugeben, die erste Minute war fast nicht auszuhalten. Da muss etwas passieren, da muss doch jetzt etwas kommen – aber es kam nichts. Es war nur Stille.
Ich hörte links ein Husten, rechts ein Rascheln, mein eigenes Herz pochen. Jemand schnäuzte sich. Plötzlich hörte man sogar den Lärm von der Straße, der sonst im Musiktheater nicht wahrnehmbar ist.

Vier Minuten 33 Stille – es hat gut getan! Es war entspannend, es war abenteuerlich und merkwürdig, aber wohltuend.

Im heutigen Evangelium steht, dass Jesus sich zurückzog. Er ging an einen einsamen Ort.
Das sollten auch wir eigentlich häufiger tun. Uns einfach einmal „abseilen“, einfach mal an einen Ort gehen, wo es still und ruhig ist und diese Stille aushalten, um aufzutanken.

Ich habe die Erfahrung gemacht, es ist schön, dass das geht. Es ist schön, zwischendurch einmal Luft zu holen. Es ist gut und wohltuend, sich einmal dieser Stille hinzugeben.

Vom heiligen Pfarrer von Ars wird berichtet, dass er einmal in die Kirche kam und dort ein Bauer saß. Er tat nichts, er saß nur dort. Das war nicht ungewöhnlich, das taten dort häufiger auch andere Menschen. Als er nach einer Stunde wiederkam, saß der Bauer immer noch dort und schaute zum Tabernakel. Da ging der Pfarrer von Ars hin und fragte den Bauern: „Sag mal, was machst du hier eigentlich?“ Da sagte der Bauer: „Ich schaue ihn an und er schaut mich an.“

Eine Stunde Stille. Sich anschauen lassen und selber anschauen.

Übrigens, im Bibeltext des heutigen Tages steht: Jesus ging an einen stillen Ort, um zu beten. Das darf man in dieser Stille auch tun.

Ich möchte Sie einladen, nicht nur vier Minuten 33 sondern solange Stille wahrzunehmen, wie Sie möchten. Kommen Sie in eine unserer geöffneten Kirchen, suchen Sie sich einen schönen Platz aus und genießen Sie.
Genießen Sie es, dass Sie nicht reden müssen, nicht singen müssen. Dass Sie nicht toben müssen, nicht lachen müssen und auch nicht schreien müssen. Sie müssen Garnichts tun, nur dasitzen und die Stille genießen.

Sie dürfen ihn anschauen und Sie können sicher sein, er schaut Sie an!

Axel Büttner