St. Urbanus für...

Predigt zum Fest der Sieben Heiligen Gründerväter des Servitenordens

Die Servitanische Gemeinschaft hat in der Heiligen Messe am  21. Februar 2021, um 11:30 Uhr in der Kirche St. Michael anlässlich des Festes der Sieben Heiligen Gründerväter des Servitenordens (17. Februar) an die Ursprünge des Servitenordens erinnert. Die Predigt von Andreas Masiak OSSM können Sie hier nachlesen:

Liebe Schwestern und Brüder,

sicherlich kennen Sie den Ausdruck „da ist noch viel Luft nach oben“. Damit will man sagen, es bestehen noch Möglichkeiten. Der jetzige Zustand ist nicht endgültig.

Eine gegenteilige Aussage machte der Provinzial P. Silvo Bachorik des Servitenordens bei der Auflösung des Klosters St. Maria Himmelfahrt. Er sagte „uns geht die Luft aus“. Dabei bezog er sich auf die Tatsache, dass aufgrund des fehlenden Ordensnachwuchses der Orden mit immer weniger Patres die bestehenden seelsorglichen Pflichten erfüllen muss. Die Folge ist, das einzelne Klöster geschlossen werden müssen. Ähnliches dazu erfahren Sie aufgrund fehlender Prieser seit Jahren in Ihrer Stadt, in ihrer Pfarrgemeinde. Probst Pottbäcker sagte in dem Gottesdienst anlässlich der Schließung der Kirche St. Maria Himmelfahrt: „Der Pfarrentwicklungsprozess ist noch nicht abgeschlossen“. Und so können Sie auch die derzeitige Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

  1. Da ist noch viel Luft nach oben – als eine positive Ausrichtung auf die Zukunft
  2. Uns geht die Luft aus – mit einer Ausrichtung auf die Gegenwart möglichst lange mit wenig Luft auskommen zu müssen.

Was war wohl die Grundlage für die sieben Männer im Jahre 1233, die sich in Florenz zu einer Ordensgemeinschaft zusammenschlossen, den wir heute als Servitenorden kennen?

Florenz war eine reiche Stadt. Es gab über 20 Gilden und Kooperationen. Die Gilden lagen in hartem Wettstreit. Es ging um Macht, Herrschaft und natürlich Geld. Als Reaktion auf den Reichtum gab es in allen religiösen Bewegungen einen Zug zur Armut. Bekannte Ordensgründer wie Franziskus und Dominikus hatten Alternativen aufgezeigt. Ihr Auftreten und Verkündigungstalent brachten viele Menschen zum Umdenken und zur Umkehr. Die sieben Männer in Florenz waren Kaufleute. Sie hatten entsprechend ihrem Beruf ausreichend Geld zur Verfügung und einige auch Familien. Und sie standen auch in der Versuchung, sich in diesem Leben etwas zu gönnen und so weiterzuleben.

Und trotzdem änderten sie plötzlich ihr Leben radikal. Sie versorgten ihre Familien und verschenkten ihren Reichtum an die Armen. Sie zogen sich zurück, um sich einem Gemeinschaftsleben des Gebetes, der Buße und Armut zu weihen.

Was war der entscheidende Augenblick, der diesen Umschwung verursachte?

Vielleicht war es der Ruf Jesu zur Umkehr, welchen wir eben im Markusevangelium gehört haben „Die Zeit ist erfüllt. Kehrt um und glaubt an das Evangelium“.

Auch sie zogen sich wie Jesus zunächst einmal in die Einsamkeit zurück. So wie Jesus wurden sie auch versucht, bis sie sich sicher waren, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Für sie hatte sich die Zeit erfüllt und es war Platz für etwas Neues angebrochen. Sie kehrten nicht nur von ihrem bisherigen Leben um, glaubten an das Evangelium, sondern lebten es auch.

Auf diesen Grundlagen bildete sich das Ordensleben heraus und an ihm muss sich der Orden heute messen lassen. Bei einem Fernsehinterview im italienischen Fernsehen wurde P. Franco Azzalli die Frage gestellt: „Orden der Diener Mariens – was heißt das eigentlich?“

Er antwortete: „Maria zu dienen“ und „dienen wie Maria“.

Was kann man sich unter der Aussage „dienen wie Maria“ vorstellen. Dazu kann man sich zwei Situationen im Leben Marias anschauen, in denen dieses deutlich wird.

  1. Bei der Verkündigungsszene des Engels, der zu Maria kommt. Der Engel verkündet Maria, dass sie den Retter der Welt gebären wird. Eine Situation für dieses junge Mädchen Maria, welche für sie völlig überraschend gekommen ist. Sie hatte sich ihr Leben an Seite des Josef wohl anders vorgestellt. Eine Familie zu gründen und am Heimatort Kinder zu bekommen. Und nun – eine Ansage, die sie vor weitreichende Probleme stellte. Bezogen auf ihren Verlobten und ihre Familie. Sie entschied sich, gehorsam Gottes Willen zu erfüllen.

„Gehorsam zu sein wie Maria und auf Gottes Willen zu hören“ ist eines der Merkmale, die wir in Hinblick auf Maria im Orden leben wollen.

  1. Bei der Hochzeit von Kana, bei denen den Eheleuten der Wein ausgeht und Maria ihren Sohn darum bittet, etwas dagegen zu tun. Er kanzelt sie jedoch ab „was willst du von mir Frau. Meine Zeit ist noch nicht gekommen“. Sie lässt sich davon nicht entmutigen, sondern weist die Diener an „was er euch sagt, dass tut“.

„Auf das zu hören, was Jesus uns heute sagt und dementsprechend zu handeln“ ist das zweite Merkmal, dem wir uns immer wieder neu stellen müssen.

Und schließlich „Maria zu dienen“. Maria ist unsere Hauptpatronin. An ihrem Leben, an ihrem Verhalten orientieren wir uns. Und ganz konkret wird das, wenn wir ihren Dienst an ihrem Sohn in seinen letzten Stunden des Lebens anschauen.

Sie geht den Kreuzweg ihres Sohnes mit. Sie sieht ihn leiden. Sie kann seine Leiden weder verhindern, noch aktiv lindern. Sie ist machtlos. Sie verharrt unter seinem Kreuz und erlebt seinen Tod mit. Ihr Dienst erschließt sich für uns darin, sich vor dem Leid der Menschen nicht zu verschließen. „Den Menschen in ihrer Situation beizustehen“ ist eine Aufgabe, die gerade heute sehr aktuell ist.

Wie kann man das konkret leben?

Dazu möchte ich Ihnen von zwei Begegnungen am vergangenen Aschermittwoch erzählen.

  • Die erste fand in einem Kindergarten statt, wo mir eine Erzieherin mit Tränen in den Augen erzählte, dass sie gerade von einem Coronatest käme. Sie habe ihn gemacht, weil ihre Oma, mit der sie am Dienstag zusammengesessen hätte, positiv sei. Was passiert, wenn die Oma an Corona stirbt?
  • Die zweite Begegnung fand unmittelbar nach dem Aschermittwochgottesdienst in einem Altenheim statt. Eine der betreuenden Schwestern sagte mir, dass eine Bewohnerin noch ein Seelsorgegespräch wünsche, weil ihr Mann vor zwei Tagen an den Folgen einer Coronainfektion gestorben sei. Und die Frau wäre blind. Es war ein bewegendes Gespräch, da diese Frau über die Trauer des Verlustes ihres geliebten Ehemanns auch mit Gott haderte, der ihre Gebete nicht erhört hatte.

Zwei Beispiele, die jeden Seelsorger und Seelsorgerin treffen könnte. Egal ob Servit oder nicht. Darum geht es mir auch gar nicht. Aufgrund des Vorbildes „Maria“ habe ich für mich einen Weg gefunden, damit umzugehen. An den beiden geschilderten Situationen kann ich mich wie Maria verhalten. Das Leid kann ich nicht wegnehmen, aber ich kann den Leidensweg dieser beiden Frauen mitgehen.

Ich komme noch einmal auf die „Luft“ zu sprechen.

Ich finde, uns geht die Luft nicht aus. Ja, wir müssen uns einschränken. Der Servitenorden teilt sich auf mehrere Zweige auf.

Dem 1. Orden: den Brüdern, die bis auf P. Klemens Deutschland verlassen haben und kein Kloster mehr haben.

Dem 2. Orden: Die Schwestern, die nach der Aufgabe des Klosters in Doveren nun ein Kloster in Düsseldorf haben und ein Kloster in München.

Dem 3. Orden: der Servitanischen Gemeinschaft, dessen Mitglieder ein Versprechen abgelegt haben und in verschiedenen Orten wohnen und dem Säkularinstitut.

Und dann gibt es Gruppen, die sich dem Servitenorden verbunden fühlen und zu den Treffen kommen.

Klemens und ich sind der Meinung „da ist noch viel Luft nach oben“. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die servitanische Spiritualität weitergelebt wird. Daher sind wir dafür dankbar, dass wir hier und heute unser Ordensfest „Das 7-Väter-Fest“ mit Ihnen feiern können. Und wir möchten das in Zukunft auch mit Ihnen tun. Denn Gemeinschaft leben ist das vierte Merkmal.

„Die Zeit ist erfüllt“. Das ist kein Schlusspunkt, sondern das Startzeichen für die vor uns liegende Fastenzeit.

Andreas Masiak O.S.S.M