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Predigt zum 3. Fastensonntag – Der Wesenskern des Sonntags

Jeden Sonntagabend an dieser Stelle: Gedanken von Propst Pottbäcker zur Fastenzeit 2021

Liebe Schwestern und Brüder,

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Am vergangenen Mittwoch jährte sich zum 1700sten Mal jener Tag, an dem im Jahre 321 der damalige Kaiser Konstantin den Sonntag zum arbeitsfreien Tag erklärte. Ein kulturhistorischer Wendepunkt, zumindest im damaligen römischen Reich.

So etwas gab es zuvor ja nur im Judentum, aber damit beschränkt auf eine sehr kleine Volksgruppe in einem überschaubaren Gebiet. Das Dekret Kaiser Konstantins aber erfasste ein gigantisches Gebiet und Millionen von Menschen, es führt zu einer völlig neuen Wochen- und Arbeitsstruktur.

Kaiser Konstantin war es, der das Christentum zunächst toleriert und dann favorisiert hatte, durch seine Entscheidungen wurde das Christentum zur führenden und vor allem prägenden Religion, wie gerade diese Entscheidung belegt.

Für uns ist es heute selbstverständlich, dass der Sonntag in weiten Teilen arbeitsfrei ist. Anhand des biblischen Textes aus der ersten Lesung wird aber noch einmal deutlich, warum das so ist: Weil Gott es will und weil ER es für uns so eingerichtet hat.

Es ist keine menschliche Erfindung, sondern göttliche Stiftung.

In einer komplexen Gesellschaft wie der unsrigen ist es natürlich nicht mehr so einfach, dieses Gebot vollumfänglich zu befolgen.

Kirche selber ist ja Arbeitgeberin gerade in den Bereichen, in denen sonntags gearbeitet wird, das bezieht sich auf die Liturgie, aber vor allem natürlich auf den Bereich von Krankenpflege und Betreuung von alten Menschen und Menschen mit Behinderungen.

Ein vollständiges Arbeitsverbot wäre nicht nur unmöglich, sondern geradezu fahrlässig.

Wie also muss man es dann machen heutzutage, wenn wir Gottes Gebot ernst nehmen wollen?

Das Evangelium bietet, auf seine Weise, dazu eine Anleitung.

Was dort auf dem Tempelberg geschah, war ja in sich nichts Böses – und doch war es falsch. Um der Vorschrift, Opfergaben darzubringen, entsprechend nachkommen zu können, musste es möglich sein, dort dann auch direkt eben diese Opfergaben erwerben zu können. Und da die Pilger aus vielen Teilen der Welt kamen, bedurfte es auch einer Möglichkeit, die Währungen entsprechend zu tauschen.

Wie gesagt, in sich nicht falsch! Formal war ja alles erfüllt, wenn das Opfertier gekauft und dem Priester zur Schlachtung übergeben worden war. Und doch völlig am eigentlichen Sinn vorbei, weil der Tempel als Ort der Anbetung des lebendigen Gottes zu einer Markthalle geworden war, um es mit den Worten Jesu zu sagen.

Sinn und Zweck der Opfer war Entsühnung und Versöhnung; in einem solchen Durcheinander, wie es Jesus vorfand, war das aber nicht mehr möglich. Die Ruhe, die innere Einkehr waren dort schlicht nicht gegeben; aber darum ging es ja und nicht nur um die Verrichtung einer Pflicht. Immerhin handelt es sich bei all dem um das Verhältnis zwischen Gott und dem je einzelnen Menschen.

Das Gebot der Sabbatheiligung basiert auch darauf. Es geht um das Verhältnis zwischen Gott und dem je einzelnen Menschen.

Natürlich ließe auch dieses Gebot sich formal dadurch erfüllen, dass man am besten einfach im Bett bleibt und gar nicht aufsteht.

Die Ruhe aber, die angezielt wird, ist nicht in erster Linie eine Ruhe des Körpers, sondern des Geistes und der Seele.

Der Mensch soll einen Freiraum haben, um zur inneren Ruhe zu finden, um den Kompass auf das Wesentliche erneut auszurichten!

Nun blicken wir alle allerdings auf einen schon langen Zeitraum zurück, der ganz ungewollt viel Zeit und Ruhe geschenkt hat. Für viele war es auf die Dauer hin dadurch große Belastung und keineswegs innere Ruhe.

Und auch noch die aktuelle Zeit und die Wochen bis Ostern werden vermutlich ähnlich aussehen.

Insofern kann die Herausforderung an uns als Christen in dieser Fastenzeit darin bestehen, trotz äußerer – oft aufgezwungener – Ruhe, nach dem wahren Wesenskern der Ruhe zu forschen, nach Frieden und Versöhnung, ganz so wie im Evangelium und in der ersten Lesung beschrieben.

Es geht um Gott und um mein ganz persönliches Verhältnis zu IHM.

Und da ist äußere Ruhe nicht automatisch innere Ruhe. Die Chance, das zu ändern, um aus diesem inneren Frieden zu leben, ist da!

 

Foto: Steen Jepsen, pixabay.com (bearbeitet)