St. Urbanus für...

Sonntagsimpuls – Siebter Sonntag der Osterzeit | 16.05.2021

Impuls zum Siebten Sonntag der Osterzeit von Benedikta Norpoth

Schrifttexte

Die Schrifttexte finden Sie HIER.

Impuls

Liebe Mitchristinnen, liebe Mitchristen,

vom 13. bis 16. Mai findet der 3. Ökumenische Kirchentag statt. Was als großes ökumenisches Treffen und Fest geplant war, ist pandemiebedingt nun in die digitale Welt verlegt.

Schaut hin, so lautet das Leitwort des Ökumenischen Kirchentags. Es ist kein wörtliches Zitat, sondern eine Interpretation des „geht hin und seht nach““ aus der Geschichte der Speisung der 5.000 mit fünf Broten und zwei Fischen.

„schaut hin ist ein Appell – an uns alle. Schauen ist mehr als sehen. Schauen nimmt wahr und geht nicht vorbei. Schauen bleibt stehen und übernimmt Verantwortung. Aktiv Verantwortung zu übernehmen, ist unser Auftrag als Christinnen und Christen“, so Bettina Limperg, die Präsidentin des Ökumenischen Kirchentags.

Und das ökumenische Treffen fällt in eine sehr bewegte Zeit. Eine Zeit mit enormen Veränderungen und Entwicklungen: Die Pandemie zeigt uns, wie verletzlich unsere Gesellschaft wird, wenn jeder nur auf sich und nicht auf den Anderen schaut.

Und auch in unserer Kirche stehen wir vor großen Herausforderungen. Da ist das Leitwort des Kirchentags Aufforderung und Auftrag zugleich: Nicht blind durch diese Zeit zu gehen, sondern stehen zu bleiben, sich Zeit nehmen zum Sehen, Wahrnehmen von Fragen und Finden von Antworten. Und es drängen viele Zukunftsfragen nach Antworten. Fragen an uns alle, die jeder von uns früher oder später beantworten muss. Und das ganz gleich, ob Laie oder Geweihter, ob Verantwortungsträger, Bischof oder Gemeindemitglied: Jede und Jeder von uns ist gleich aufgefordert, in diesen bewegten Zeiten die drängenden Fragen zu sehen, die Nöte der Menschen zu erkennen und wahrzunehmen. Ganz gleich ob im Kleinen, z.B. im persönlichen Umfeld oder im Großen, wie dies z.B. im Synodalen Weg geschieht.

Die aktuellen Diskussionen, die vielen Zeugnisse von Opfern und Überlebenden sexualisierter Gewalt in unserer Kirche in den letzten Wochen und Monaten sind dafür ein Beispiel. Sie machen deutlich: Die Taten selbst und deren Vertuschung durch Verantwortungsträger ist die eine Seite der Medaille. Das Schweigen, das Wegsehen, das nicht Wahrhaben wollen von Christinnen und Christen in unseren Gemeinden trägt aber bis heute dazu bei, dass Opfer sich erst Jahrzehnte nach den Taten öffnen oder immer noch schweigen. 10 Jahre nach der „ersten Welle“ im Missbrauchsskandal ist das sehr bedenklich. Für die Opfer, die Überlebenden ist die hässliche Fratze des Missbrauchs tagtägliche Wirklichkeit, da heilt die Zeit keine Wunde. Kein noch so gutes Werk, keine noch so gute Arbeit eines Täters darf deshalb quasi als Make up dienen, um diese hässliche Fratze zu verbergen.

Ja, die Aufarbeitung dieser dunklen Seite unserer Geschichte ist nicht nur Aufgabe der Bischöfe, sondern auch von jedem von uns hier vor Ort – Schauen wir hin – nicht weg!

Sind wir uns Gewiss: Das Thema sexualisierte Gewalt ist Mitten unter uns; Opfer und deren Angehörige sind mitten unter uns, engagieren sich bei uns. Werden wir also auch bei uns endlich sprachfähig und reden mit den Opfern. Schauen wir hin auf deren Geschichte und verstehen sie als wesentlichen Teil der Geschichte und Zukunft unserer Kirche und nicht als personifizierte Probleme, womöglich Störfaktoren. Es braucht die Expertise der Betroffenen, um die drängenden Zukunftsfragen beantworten zu können: Die Fragen von Macht und Gewaltenteilung, von gleichberechtigter Teilhabe an Macht und Verantwortung, am Weiheamt und das unabhängig vom Geschlecht, um eine dem Menschen zugewandte, seine Personalität stets respektierende Sexual- und Moralethik. Es braucht diese Expertise auf allen Ebenen: Bischofskonferenz – Synodaler Weg und auch hier in Gelsenkirchen, auch hier bei uns in Buer.

Die Zeit heilt nie die Wunden des Missbrauchs, daher ist weiteres Schweigen, Verschweigen der falsche Weg.

Deshalb: Schauen wir hin – übernehmen wir Verantwortung – Hier und Jetzt!

Benedikta Norpoth