St. Urbanus für...

Sonntagsimpuls – Dreifaltigkeitssonntag | 30.05.2021

Impuls zum Dreifaltigkeitssonntag von Konrad Fulst.

Schrifttexte

Die Schrifttexte finden Sie HIER.

Impuls

Haben Sie nicht auch schon die Erfahrung gemacht: Je intensiver Sie sich mit einem Problem befassen, umso komplizierter wird es. Es tauchen Hintergründe auf, die zusätzlich bedacht werden müssen. Das Problem verästelt sich immer mehr, es wird immer anstrengender.

Besonders bei politischen und gesellschaftlichen Fragen bewirkt dieses Phänomen bei manchen Menschen, dass sie versucht sind, sich auf ganz einfache und simple Lösungen zurückzuziehen. Alles Komplexe verunsichert sie, es macht ihnen geradezu Angst.

Die katholische und die evangelische Kirche feiern heute den Dreifaltigkeitssonntag. Sie machen damit auf eine komplexe Idee aufmerksam, mit der Menschen sich mit dem Wesen Gottes auseinandersetzen. Im heutigen Text des  Evangeliums nach Matthäus verwendet Jesus die Formulierung: „Taufet auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Und eine der grundlegenden christlichen Gebetsgesten, das Kreuzzeichen, enthält auch die Formel „Vater, Sohn, Heiliger Geist“.

Die Idee von der Einheit Gottes in drei Personen begegnet uns in der Rede Jesu von Gott als seinem und unseren Vater. Und Gott ist Mensch geworden im Sohn Jesus. Am Pfingstfest begegnen dann die Jüngerinnen und Jünger der Wirklichkeit Gottes im Heiligen Geist, der sie erfüllt.

Vielleicht muss unsere Frage nicht lauten: „ Warum muss das Wesen Gottes uns so kompliziert erscheinen?“ Wir können unsere Perspektive komplett wechseln und uns auch fragen: „Sind Dinge in unserem Leben, die uns so einfach erscheinen, nicht in Wirklichkeit viel komplexer und vielschichtiger?“

Wie oft hat man in den letzten Monaten die Formulierung gehört „Man müsste doch nur …“.

„Man müsste doch nur alle Besucher eines Restaurants konsequent testen, dann kann man alles öffnen.“

„Man müsste doch nur alles für drei Monate schließen, dann hätte sich Corona erledigt.“

„Man müsste doch nur …“

Dieses „ Man müsste doch nur..“ verfolgt uns durch alle Talkshows, in den sozialen Medien, in Diskussionen am Arbeitsplatz oder in der Familie.

Aber es ist uns doch klar: Wenn Dinge zu sehr vereinfacht werden, treffen sie nicht mehr die Realität. Versuchen Sie doch in einer der nächsten Diskussionen, in die Sie verwickelt werden, den betrachteten Sachverhalt aus drei verschiedenen Richtungen zu beleuchten. Vielleicht machen Sie ja die Erfahrung, dass sich der Diskussionsverlauf entscheidend verändert und Fronten aufgeweicht werden.

Und so können wir auch in einer der grundlegenden Fragen jeder Religion „Wie ist eigentlich Gott?“ dankbar sein, dass wir auf Gott drei verschiedene Blicke werfen dürfen, hinter denen sich vielleicht noch eine viel größere Vielfalt zeigt, als wir ahnen.

 

Konrad Fulst